1989: 44 Jahre, ein Sohn, eine Tochter, verheiratet. Seit 1974 Kunsthändlerin und Galerie-Leiterin (Studium Kunst- und Kulturwissenschaft)
Elke Pietsch
In meinem Galerie-Ausstellungsprogramm habe ich oft Arbeiten von Fotografinnen und Fotografen gezeigt. Fotografien wurde in der DDR zwiespältig betrachtet, weil die ja Realitäten abbildeten und damals noch nicht so gut zu manipulieren waren wie jetzt. Und dokumentarische Realitäten waren so auch gefährlich – wegen kritischer Haltungen.
Also in der DDR sollte ja “der sozialistische Mensch” erzogen werden, da „gab es keine Behinderungen“ oder so. Die wurden weggesteckt, nicht erwähnt. Die Leipziger Fotografin Karin Wieckhorst hatte sich sehr intensiv mit Menschen mit Behinderung fotografisch auseinandergesetzt – deren Lebensalltag über Wochen und Monate hinweg fotodokumentarisch begleitet. Die Fotos haben wir gezeigt und da natürlich auch die Protagonisten eingeladen, die dann anwesend waren. Zur Ausstellungseröffnung wurde viel geredet, auch über die große Benachteiligung von behinderten Menschen.
Oder die Fotografie-Ausstellung von Christiane Eisler, die “Punks in der DDR” sehr authentisch und in unterschiedlichen Lebenssituationen fotografiert hat. So was wie Punks, die gab‘s auch nicht in der DDR. Die durften eigentlich überhaupt nicht existieren. Kurz nach Ausstellungseröffnung wurde ich früh um sieben in die Bezirksleitung der Partei geladen – und es wurde mir mitgeteilt, dass diese Ausstellung sofort weg muss. Die Bürger hätten sich beschwert. Da gab‘s dann irgendeinen fingierten Brief. Ich habe die Ausstellung nicht abgehängt, damit wurden andere beauftragt. Das hat dann aber einen solchen Aufschrei verursacht … bis nach Berlin. Das war ein großer Affront gegen alles. Und dagegen haben sich die Vorsitzenden des Bundes der Bildenden Künstler und auch unser Chef vom Kunsthandel verwahrt. Das war 1986 und das war, glaube ich, auch die letzte Ausstellung, die staatlicherseits abgehängt wurde. […]
Das gesamte Interview plus Foto-Sammlung wird im gerade entstehenden Offenen feministischen Demokratie-Archiv | OfemDA einsehbar sein. Siehe hier